OLG Brandenburg (Urteil vom 10.10.2024 – 10 U 102/23)
Hintergrund:
Ein Bauherr hatte einen Bauvertrag mit Nettopreisabrede abgeschlossen. Später setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer auf Basis des Gesamtpreises (Grundstück + Bau) fest, wodurch der Bauvertrag nicht mehr der Umsatzsteuer unterlag. Der Bauherr verlangte die Rückzahlung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer (37.453,59 EUR) vom Bauunternehmen. Das Bauunternehmen verweigerte die Rückzahlung mit Verweis auf den abgeschlossenen Vertrag.
Entscheidung des Gerichts:
- Der Bauherr hat einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB, weil die Steuer zu Unrecht gezahlt wurde.
- Eine Nettopreisvereinbarung bedeutet, dass nur die tatsächlich anfallende Umsatzsteuer geschuldet ist.
- Das Zivilgericht ist nicht an die Entscheidung des Finanzamts gebunden und kann die Steuerpflicht selbstständig prüfen.
- Der Bauunternehmer kann sich nicht auf Entreicherung (§ 818 BGB) berufen, da er einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt hat.
- Verjährungsbeginn erst mit der neuen Steuerfestsetzung, da die steuerliche Lage für den Bauherrn unübersichtlich war.
Was bedeutet das für die Praxis?
Bauunternehmen sollten bei Bauverträgen klar zwischen Brutto- und Nettopreisabreden unterscheiden.
Steuerpflichtige sollten prüfen, ob sich eine Änderung der Grunderwerbsteuer auf bereits gezahlte Umsatzsteuer auswirkt.
Finanz- und Vertragsrecht müssen oft zusammen gedacht werden – nicht jede steuerliche Bewertung ist final.
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