Vesting-Klauseln im E-Commerce-Gesellschaftsvertrag

Schutz oder unzulässige Hinauskündigung? Achtung: Gründer und Startups bei Gestaltung von Vesting-Klauseln.

Vesting-Klauseln sind ein zentraler Bestandteil vieler Venture-Capital-Deals und sichern Investoren ab, indem sie Gründer dazu verpflichten, ihre Anteile bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Gesellschaft teilweise oder vollständig zurückzugeben. Besonders für E-Commerce Unternehmen und den Onlinehandel sind solche Klauseln von großer Bedeutung, da sie in einem hochdynamischen Marktumfeld agieren, in dem Investoren Stabilität und langfristiges Engagement der Gründer sicherstellen möchten. Doch sind solche Klauseln überhaupt rechtlich zulässig?

Aktuelle Rechtslage

  • Die Grundidee: Gründer „verdienen“ sich ihre Anteile über einen definierten Zeitraum (z. B. vier Jahre), wobei bei vorzeitigem Ausscheiden nur die bereits „gevesteten“ Anteile behalten werden dürfen.
  • Good Leaver vs. Bad Leaver: Der Grund des Ausscheidens beeinflusst die Höhe der Abfindung – Good Leaver erhalten oft den Verkehrswert, Bad Leaver meist nur ihre Einstiegskosten.
  • Problematische Aspekte: Gerichte prüfen Vesting-Klauseln kritisch, insbesondere wenn sie eine unzulässige Hinauskündigung darstellen könnten (§ 138 BGB).

Wichtige Entscheidung des KG (Beschl. v. 12.08.2024 – 2 U 94/21)
Das Kammergericht hat sich erstmals zu Vesting-Klauseln in VC-Deals geäußert und deren grundsätzliche Zulässigkeit bestätigt, allerdings unter Bedingungen:

  • Die Klausel muss zeitlich begrenzt sein (i. d. R. drei bis vier Jahre).
  •  Die Höhe der Abfindung muss angemessen sein.
  •  Eine Differenzierung zwischen Good Leaver und Bad Leaver ist wichtig.
  •  Die Regelung darf keine unverhältnismäßige Benachteiligung des Gründers darstellen.

Insbesondere im E-Commerce-Bereich könnte eine zu strikte Vesting-Regelung Innovationen bremsen oder das Engagement wichtiger Personen im Unternehmen verringern.
 

Praxistipp für Start-ups & Investoren

Bei der Gestaltung von Vesting-Klauseln ist Augenmaß gefragt! Eine wasserdichte Regelung sollte Interessen von Investoren und Gründern gleichermaßen berücksichtigen. Insbesondere im dynamischen E-Commerce ist es wichtig, dass Vesting-Klauseln nicht dazu führen, dass Gründer in einer frühen Phase ihr Engagement reduzieren oder sich nicht voll auf das Wachstum des Unternehmens konzentrieren können. Ein gut durchdachtes Vesting-Modell kann langfristig für mehr Stabilität und Erfolg sorgen.